In seinem Beitrag "Demeter" in Sachsen. Zur Geschichte und Entwicklung biologisch-dynamischer Betriebe 1929 bis 1945 rekonstruiert Martin Thiele die vergessene Geschichte der ökologischen Landwirtschaft in Sachsen. Schwerpunkt seiner Darlegungen sind die Bemühungen der biologisch-dynamischen Bewegung auch nach dem Verbot der Anthroposophischen Gesellschaft im Jahr 1935 weiter wirtschaften zu dürfen. Nach einer Anordnung des Reichsministers Rudolf Heß war das öffentliche Werben für die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise verboten, nicht aber ihre praktische Anwendung. Noch schwieriger wurde es für die Bewegung nach der Flucht von Rudolf Heß nach England 1941. Der Reichsverband für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise wurde verboten und namhafte Vertreter des Verbandes verhaftet. Ab diesem Zeitpunkt unterstützte nur noch die Waffen-SS unter Leitung von Heinrich Himmler die neue Anbaumethode. Nach den Plänen Heinrich Himmlers sollte die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise den Grundstein für eine arische Besiedlung des Ostens legen.
Wie weit die Vereinnahmung durch die SS ging, zeigt Heide Inhetveen in ihrem Portrait Biologisch-dynamische Pflanzenforschung im Dienste des Nationalsozialismus? Leben und Werk der Ökopionierin Martha Emma Künzel (1900-1957). Nach Stationen am Goetheanum in Dornach sowie auf dem Gut Loverendale (NL) agierte Martha Künzel vom Frühjahr 1942 bis zum Herbst 1943 als Leiterin der biologisch-dynamischen Versuchsabteilung des 1939 gegründeten Werks Dachau im KZ Dachau. Mithilfe von Häftlingen, insbesondere katholischen Geistlichen, setzte sie dort ihre Pflanzenexperimente fort.
BodenKulturen - Interdisziplinäre Perspektiven
Ira Spieker, Heide Inhetveen (Hg.)
Bausteine aus dem Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde
Leipziger Universitätsverlag 2020